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Fliegenfischen mit G. Feuerstein

Fliegenfischen aus Expertensicht

ein Hobby mit Suchtpotential

Für viele Fliegenfischer bedeutet Fliegenfischen viel mehr als nur mit einem anderem Gerät am Wasser zu stehen, um Fische zu fangen. Sie sind ganz und gar der Faszination erlegen und können sich dem Drang ans Wasser nicht entziehen.

"Als Fliegenfischen bezeichnet man das Fischen mit Fliegenrute, Fliegenrolle und Fliegenschnur, wobei letztere durch ihr Gewicht und ihre speziellen Eigenschaften in der Lage ist, die künstliche Fliege(resp. Nymphe, Streamer, etc.) durch die Luft zu ziehen und somit zum Ziel zu befördern. Das Befördern des Imitats mit Hilfe einer Fliegenschnur durch harmonisch abgestimmte Bewegungen und eine sich elegant abrollende Schlaufe ist das Kernelement des Fliegenfischens und somit das entscheidende Kriterium, durch das sich die Fliegenfischerei von anderen Arten der Angelei unterscheidet."

G. Feuerstein

Eine Fliege am Ende macht noch keinen Fliegenfischer

Natürlich wurden schon zu Urzeiten fliegenähnliche Imitationen an Enden von Schnüren über und unter Wasser angeboten, doch hierbei von Fliegenfischen zu sprechen, wäre vermessen. Das ist genauso wenig der der Fall, wie beim Anbieten von Fliegen oder Nymphen mit Wasserkugeln, Tirolerhölzeln, an der Stipp- oder Laufrolle oder beim Czech Nymphing. Das, was wir heute als Fliegenfischen bezeichnen, begann mit der Herstellung von Schnüren, die in der Lage waren, Trockenfliegen über eine grössere Distanz zum Ziel zu werfen und an der Wasseroberfläche anzubieten. Erst viel später kam durch die Hartnäckigkeit von Skues das Nymphenfischen und später auch das Streamerfischen hinzu. Waren es bis Mitte des letzten Jahrhunderts in erster Linie gefettete Seidenschnüre, die zum Einsatz kamen, so gelang es in den 1950ern erstmals einen Kern zu ummanteln, um die erste plastifizierte Trockenfliegenschnur zu erzeugen. Seit dieser Zeit kam es zu einer stetigen Weiterentwicklung in Bezug auf Form und Materialien. Heute gibt es für jeden Zweck die dazu passende Fliegenschnur.

 

Kein Fliegenfischen ohne Fliegenwerfen

Wenn wir mit der Fliege fischen wollen, müssen wir zuerst lernen, wie man eine Fliegenschnur in Bewegung versetzt, die Rute korrekt auflädt und schließlich die Fliege in möglichst unauffälliger Weise dem Fisch maulgerecht präsentiert. Wir wollen damit ja Fische fangen. Die schwierigen und scheuen Fische veranlassen uns, unsere Technik zu überdenken und zu verbessern und das Wissen über unseren Zielfisch und seinen Lebensraum zu erweitern. Ohne Zweifel ist das Fischen selbst, also der dem Fischer innewohnende Drang Fische zu fangen, der Antrieb, der uns motiviert, all jene Fähigkeiten besser zu entwickeln, die notwendig sind, um ein erfolgreicher Fliegenfischer zu werden. Ich begann mit der Fischerei schon sehr früh, obwohl ich weder von der Familie noch von der Verwandtschaft her diesbezüglich vorbelastet war. Nachdem ich die Basisschule der Fischerei mit all seinen Fazetten vom Grundfischen über das Spinnfischen bis hin Schleppfischen durchlaufen hatte, zog mich die Fliegenfischerei schließlich im Jahre 1978 in ihren Bann.

 

Fliegenwerfen als Mittel zum Zweck

Das ist lange her, doch obwohl ich so viele Gewässer rund um den Globus befischt und viele Traumfische gefangen habe, werde ich immer noch neugierig wie ein kleines Kind vor Weihnachten, wenn es darum geht ein Gewässer zu befischen, das ich noch nie zuvor befischt habe, speziell dann, wenn es sich um ein ganz besonderes gutes Gewässer handelt. Ich binde dann massenweise Fliegen, die dort fängig sein sollen, lese Bücher und Artikel über das Gewässer, google im Internet zum Thema und kontaktiere Freunde und Bekannte, die dort schon einmal gefischt haben. Wenn es um das Befischen von Gewässern mit wenigen oder schlechten Zugangsmöglichkeiten geht, ist Google Earth eine geeignete Unterstützung, um sich dort halbwegs zurecht zu finden. Man fühlt sich dann irgendwie schon direkt an das Gewässer versetzt und kann es vom Wohnzimmer aus schon fast spüren und erkundigen.

Ich bin ein Fischer, ein wirklicher Fischer, viel mehr noch als ein Fliegenwerfer, obwohl ich inzwischen aufgrund meiner Tätigkeit in diesem Bereich, praktisch um den Globus Bekanntheit erreicht habe. Der einzige Grund, warum ich ein ziemlich akzeptabler Fliegenwerfer geworden bin, ist der, dass ich immer wieder einmal auf Fische gestoßen bin, die sich einen sehr guten Standplatz ausgesucht hatten. Sie veranlassten mich etwas Neues zu probieren, um selbst extrem schwierige Situationen, die eine gute Beherrschung der Technik erforderten, schließlich zu meistern. Oftmals wurde in den letzten Jahren mein folgender Ausspruch zitiert:


"Je schwieriger ein Fisch zu fangen ist, desto wertvoller ist er für mich."

Fische, die ich mit all meiner Erfahrung und meinem Repertoire an Würfen und Tricks nicht überlisten kann, fordern mich heraus, etwas völlig Neues zu probieren. Von diesen Fischen kann ich lernen. Sie veranlassen mich, ihre Gewohnheiten, ihren Fressrhythmus und ihre Nahrung genau zu studieren. Ich versuche Strömungen besser zu verstehen, sie zu kontrollieren und eine geeignete, oft neue und ungewöhnliche Art der Präsentation zu finden, um schließlich den langersehnten Biss zu bekommen.

Nachdem ich solch einen Fisch nach vielen Stunden, Tagen oder Wochen schließlich in den Händen habe, bin ich sehr dankbar dafür, dass ich die Chance bekam, wieder ein bißchen mehr über eine bestimmte Fischart zu lernen. Diese Fische übergebe ich prinzipiell ihrem Element zurück, damit auch ein anderer Angler, sein Repertoire erweitern kann. Auch wenn ich einen Fisch freilasse, lasse ich niemals alles frei. Die Erinnerungen an den Fang gehören für alle Zeiten mir. Die bleiben im Gedächtnis, auch wenn der Fisch aus meinen Händen gleitet und wieder seinen Standplatz aufsucht.

Widerhakenlos?

Es wurden viele Artikel über das Für und Wider des widerhakenlosen Fischens(oder des Fischens mit angedrückten Widerhaken) publiziert. Es gibt auch Theorien, wonach der Microbarb (Haken mit winzigem Widerhaken) Fische weniger verletzen würde. Ich bin überzeugt, dass sich ein Fisch nicht sehr um einen kleinen Haken im Maul kümmert und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Fische nicht Stress und Schmerz wie wir ihn kennen verspüren(Studie Rose), doch wenn man Fische länger als nötig in den Händen hält, weil man einen Haken nicht rasch genug aus ihrem Maul entfernen kann oder gar mehrere Versuche dafür benötigt, schädigt dies ohne Zweifel dessen Schleimhaut, was zu Infektionen führen kann, die oft den Tod des Tieres nach sich ziehen.


Wer in der Wildnis fernab jeglicher medizinischer Versorgung fischt und sich selbst, seinen Freund oder Guide hakt, wird schnell erkennen, dass das Lösen eines widerhakenlosen oder angedrückten Hakens wesentlich leichter zu bewerkstelligen ist, als dies mit Widerhaken der Fall ist. Schlecht gehakte Fische gehen mit oder ohne Widerhaken im Drill ohnehin meist verloren.

Vorsicht beim Fotografieren!

Wenn Sie einen Trophäenfisch oder geschützten Fisch fotographieren wollen, der später wieder seinem Element zurückgegeben werden soll, müssen Sie unbedingt ein paar wichtige Dinge beachten, um den Fisch nicht zu schädigen. Falsches Handling kann zu einer stark erhöhten Todesrate von zurückgesetzten Fischen führen. Ein sehr engmaschiges C&R Netz ist Grundvoraussetzung für ein späteres Fotographieren. Nicht nur, dass dadurch die Drillzeit massiv reduziert werden kann, sondern besonders desshalb, weil der Fisch im Wasser belassen werden kann, bis der Kollege zum Abdrücken des Auslösers bereit ist. Halten Sie den Fisch mit beiden Händen, von denen eine davon die Brustflossen unterstützt und die andere den Fisch an der Schwanzwurzel umfasst. Drücken Sie nie auf den Bauch des Fisches! Heben Sie ihn zum Fotographieren nur für wenige Sekunden aus dem Wasser. Speziell laichwandernde Salmoniden, die voll mit Eiern sind, reagieren sehr empfindlich und müssen mit größter Vorsicht behandelt werden. Halten Sie nie einen Fisch nur am Kopf oder in den Kiemen. Der Rogen ist zu schwer,  und es kann zu einem Platzen des die Eier umschließenden Häutchens führen, was ein erfolgreiches Ablaichen ausschließt.  Ohne ein C&R Landungsnetz und eine schon vorher auf einem Stativ befestigte Kamera, sollten Sie, falls Sie alleine am Wasser sind, niemals an ein Foto eines Trophäenfisches denken. Die Fische werden es Ihnen danken.

Fly Only?

Man muss sich als Fliegenfischer auch eingestehen, dass das Fliegenfischen nicht überall uneingeschränkt möglich ist. Die meisten Bewirtschafter tragen diesem Aspekt in ihren Fangbestimmungen auch Rechnung. Sei es ob der Fischart oder der  Art des Gewässers, alles hat seine Grenzen. Wenn man sich diese zurechtbiegt, sodass am Schluss nur noch die Fliege an Fliegenfischen erinnert, die Rute und Rolle und Schnur also zweckentfremdet verwendet werden, so sollte sich jeder fragen, was er da eigentlich macht.

Mal ganz ehrlich, einen 30g schweren Streamer mit abgezogener Fliegenschnur oder gar nur Running Line oder Monofil zu werfen(eventuell gar noch mit der Hand), um einen Huchen oder eine Marmorata "mit der Fliege" zu fangen, hat nichts mehr mit Fliegenfischen zu tun! Streamer von über 10g Gewicht lassen sich selbst an einem 750 grain Zweihand Schusskopf kaum mehr werfen und alles was drüber ist, da kommt die Fliegenschnur dann nur noch als Alibi zum Einsatz, da sie de facto vom Streamer hinterhergezogen wird. Es gibt Gewässer, die ob ihrer Grösse und Tiefe als Fly Only Gewässer für Huchen einfach nicht taugen. Da habe ich es mit Sepp Prager und plädiere dort, wo sich die Fliege nicht korrekt fischen lässt und die Bestimmungen dies erlauben, die Spinnrute einzusetzen oder diese ungeeigneten Gewässer als Fliegenfischer zu meiden.

PCR statt C&R

Catch and release(C&R) gilt als eine wichtige Maßnahme, um bedrohte Fischarten zu unterstützen. Residente Fischarten sind in der Regel(jedoch nicht immer) viel mehr durch Überfischung gefährdet als Wandersalmoniden. Gewässer, die von residenten Fischen leben, brauchen ein besonders gutes Fischerei-Management. Ich denke nicht, dass C&R überall notwendig und richtig ist. In manchen Ländern Europas ist es sogar verboten. Ich esse auch gerne einmal einen Fisch, und wenn man beim Ernten die starken Jahrgänge schont und besonders die alten Fische entnimmt und zudem das jeweilige Gewässer gut kennt und dessen Eigenheiten beachtet, muss man dabei auch kein schlechtes Gewissen haben. Sie sollten also ein gewisses Grundwissen haben, um einen wertvollen Laichfisch zu erkennen. 
In Zentraleuropa (z. B. Schweiz) gibt es sogar Mindestmasse in Verbindung mit einem Verbot des Zurücksetzens eines Fisches, der dieses Mindestmaß erreicht hat. Jeder halbwegs intelligente Biologe weiß, dass solche (22cm und eins über die Rübe) Mindestmaße sehr umstritten sind.  Es ist wesentlich sinnvoller, wertvolle Altersgruppen zu schützen und das Entnehmen von überalterten Fischen(und jüngeren, falls die Population dieses erlaubt)  zu erlauben. Hohe Schonmaße oder sogenannte Fangfenster(Zwischenbrittelmaße) sind wesentlich geeignetere Managementwerkzeuge. Ein alter Fisch hat seine Pflicht getan und braucht ohnedies ein großes Revier (v. a. Bachforellen). Eine genaue Kenntnis der Gewässer ist jedoch Voraussetzung, den selbst ein 50 cm Schonmaß bei Bachforellen wäre beispielsweise am Paradefluss Gacka in Kroatien zu wenig, um den Bestand der endogenen, großwüchsigen Bachforellenicht zu schädigen, denn diese ist mit 60 cm gewöhnlich erst drei Jahre alt. Entnehmen Sie besser migrierende Fische (besonders pazifische Lachsarten oder Coregonen) als residente Fische. Ein Fisch sollte wenn möglich dreimal ablaichen können, bevor er zum Fang freigegeben wird.

In Europa ist es nicht überall möglich eine C&R Politik zu forcieren, doch am Beispiel des Yellowstone Nationalparks hat man erkannt, wie wichtig solche Managementmaßnahmen bei zugleich starker Befischung sein können, um bedrohte Fischarten zu stärken und dass diese Art des Managements auch berechtigt sein kann. Ich denke, wenn wir statt C&R den Begriff PCR (population considered release - populationsabhängiges Zurücksetzen) forcieren und ihn zum Schutze bestimmter Arten einsetzen, lassen sich eine gute Fischerei und eine damit verbundene Nachhaltigkeit gut unter einen Hut bringen.

Wie auch immer, die meisten guten Fliegenfischer setzen den Großteil ihrer Fänge ohnehin wieder zurück.



Limit your catch, don't catch your limit!


Korrektes Zurücksetzen von Fischen



Zu schön, um sie zu töten...
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