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Zeigefingerhaltung für leichte Ruten ist kein Quatsch
2007-02-02 14:58

Zeigefingerhaltung für leichte Ruten ist kein Quatsch

Jay Clark, WM-Distanzwurf mit der Fliege, dahinter Steve Rajeff

zum Thema Fliegenwerfen:

Lesen Sie hier den leider nicht abgedruckte Leserbrief zu den Artikeln von M. Mauri in der Zeitschrift Fliegenfischen
 

Zeigefingerhaltung für leichte Ruten ist kein „Quatsch“!

Als ich von einem Freund um eine Reaktion zu den Artikeln von Michael Mauri zum Thema Fliegenwerfen (FliFi 3-6/2006) gebeten wurde, winkte ich zunächst ab. Aufgrund mehrerer Anrufe von verunsicherten Kursteilnehmern sowie Bekannten, die die erfolgreiche Arbeit vieler Instruktoren in Europa durch diesen Artikel in Frage gestellt sehen, möchte ich nun allerdings doch kurz Stellung beziehen.

Wenn Mauri schon versucht, mit zweifelhaften Voodoo Zauber und „Zollstöcken“, wie sich ein bekannter Autor ausdrückte, Aufmerksamkeit zu erregen, dann sollte das, was darauf folgt, die Aufmerksamkeit auch wert sein. Die Zeigefingerhaltung für leichtes Gerät als „Quatsch“ abzuwerten, um es mit den Worten des Autors auszudrücken, ist allerdings alles andere als korrekt. Die Reduktion des Rutengewichts durch deren Einkürzung war es nämlich, die Hans Gebetsroither und Lee Wulff schon früh zu dieser Griffhaltung führten. Auch die im Alpenraum massgebenden Lehrmeister der letzten Dekaden wie Moser, Hebeisen, Prager oder Aigner lagen hier genauso wenig falsch, wie die Instruktoren der jüngeren Generation, zu denen auch ich mich zähle, die diese Tradition unterstützt durch das inzwischen ultraleichte Gerät weiter pflegen. Die optimale Griffhaltung ist eine Frage der Position der Rutenhand und der zur Verfügung stehenden Muskulatur und kann somit variieren. Auf alle Fälle ermöglicht die Zeigefingerhaltung jedoch -korrekte Beinstellung vorausgesetzt- sowohl die Zugphase als auch die Druckphase des Vorwurfes zu verlängern. Der Autor postuliert zwar er werfe in paralleler Fußstellung, doch bitte wann und wo? Sämtliche Bilder, selbst die der Demos, sprechen eine andere Sprache. Rechtes Bein vor für Rechtswerfer, wie bei M. zu beobachten, ist beim Fischen jedoch wann immer möglich zu vermeiden und wird nur in Ausnahmesituationen auf der Wiese zu Schulungszwecken verwendet, um Wurffehler auszumerzen bzw. hat evtl. auch Berechtigung bei Zielwürfen auf Ringe(lining up). Kein Speerwerfer würde sich jedoch so hinstellen und behaupten, damit besser oder gar weiter werfen zu können, weil seine Zugphase dadurch verlängert würde! Außerdem wird Ihnen jeder Arzt davon abraten. Die Bandscheiben lassen grüssen! Selbst der zitierte Steve Rajeff, den ich seit vielen Jahren kenne, wirft nicht so, wie es der Autor predigt, denn wenn die Kraft damit besser umzusetzen wäre, würden dies die Caster zuallererst machen. Auch Mauri's Aussage beim Werfen brauche man keine Kraft wäre nur halbwahr, kann ich in dieser Form nicht akzeptieren. Fliegenfischen mit Gebrauchsgerät und unter durchschnittlichen Bedingungen(Klasse 3-8, Distanz 10-25 m) ist nicht Casting, denn nur dort – also im Hochleistungssport- und beim Fischen mit sehr hohen Schnurklassen wird wirklich Kraft im herkömmlichen Sinn benötigt! Fliegenfischen an unseren Gewässern ist mit Technik und Eleganz und nicht mit roher Körperarbeit und Geplatsche verbunden, selbst wenn man einmal etwas weiter werfen muss. Wie sonst wäre zu erklären, dass sich die zierliche Joan Wulff 1951 bei den nationalen US Meisterschaften im Distanzwurf mit Gebrauchsgerät (Klasse 8) gegen sämtliche männliche Konkurrenz durchsetzen konnte?

In den letzten Jahren habe ich hart daran gearbeitet, dieses Prinzip des Kraft sparenden Werfens auch in den Switch Cast einfließen zu lassen. Ich habe dazu die Technik angepasst, sie an vielen Messen innerhalb und außerhalb Europas eingeführt und Instruktoren geschult. Korrektes Gerät vorausgesetzt, sind dadurch selbst große Weiten mit minimalem Krafteinsatz möglich und dies ohne Doppelzug, ja sogar gänzlich ohne Unterstützung der Schnurhand! Wollen Sie den modernen Switch Cast erlernen, dann vergessen Sie dabei den Doppelzug nämlich ganz schnell! Der ist dabei das Hindernis Nummer eins! Machen sie auch als Fortgeschrittener höchstens einen einfachen Zug! Um einen Doppelzug zu machen, brauchen sie eine lange Keule, die wiederum eine kraft- und auch raumsparende Bewegung verhindert. Der durch den Doppelzug beschleunigten Schnur muss man beim Rückwurf mit der Schnurhand in Richtung Leitring nachfahren. Bei diesem Nachfahren fängt die dadurch hinter dem Werfer entstehende V-Schlaufe(!) bei nahezu jedem Werfer zu viel Wasser und ist, wenn überhaupt, nur mit roher Gewalt aus dem Wasser zu bekommen. Für meinen modernisierten Switch Cast(Magic Switch) brauchen Sie ein schönes D, das viel Energie zu speichern vermag(Masse) und nur ein minimales, fast unhörbares Ankern des Vorfachs neben oder kurz vor sich. Auch der Unterhand Wurf meines guten Freundes Göran Andersson beruht auf dem Prinzip der Aufwandminimierung. Darum verwendet auch er dazu kurze Keulen.

Die vom Autor vorgestellte Variante ist jedoch klar kraftorientiert, da sie durch ein gleichzeitiges, vertikales und horizontales Öffnen der Schlaufe durch das Strecken der Hand beim Vorwurf(die Fliege hat ja einige Meter seitlich von uns geankert) Energie verschleudert,  wie dies auf den Bildern zu sehen ist. Lassen Sie sich auch nicht verschaukeln, denn die Schnur im Bild Nr. 6 (4/2006, S. 50) kann hinten niemals das Wasser berühren! Augen auf!

Der Snap-T ist, wie M. richtig feststellt, ein genialer Wurf. Ich habe ihn vor vielen Jahren aus praktischen Gründen entwickelt, wie auch den Aerial Snap-T(für Fortgeschrittene mit minimalem Wasserkontakt), der heute als Snap-Z bekannt ist. Der Name Snap-T stammt von Graham Anderson einem Instruktor aus Calgary, dem ich diesen Wurf bei einem Kurs in den USA gelehrt habe und der mich damals per Mail angefragt hat, den Wurf unter dem prägnanten Namen Snap-T(Schnurform beim Wurf zeigt ein T) in Nordamerika einzuführen. Ich stimmte zu. Graham hat die praktische Bedeutung dieses Wurfes für die Zweihandfischerei erkannt(besonders für Anfänger) und den Wurf in den USA zusammen mit Floyd Dean gepusht. Inzwischen hat der Snap-T einen fixen Platz in der Zweihandfischerei. Bei dem von M. leider nicht optimal beschriebenen Wurf handelt es sich jedoch nicht um den Snap-T, sondern um meine Variante für Fortgeschrittene, die heute als Snap-Z (Schnurform zeigt ein Z) bekannt ist. Hätte M. von rechts nach links geworfen und wäre der Wurf wie zu Schulungszwecken normalerweise üblich deutlich ausgeführt worden, so könnte man die Z-Schlaufe gut sehen. Schade! Auch dem von Simon Gawesworth(UK) gegen Ende der 80er Jahre entwickelten Snake Roll, den es in diversen Variationen gibt, u. a. auch in der in Heft 6/2006 vorgestellten, wird vom Autor einfach der neue Name CAD Cast gegeben. Dies ist absolut unnötig, denn dadurch wird kein Fisch mehr gefangen. Die Terminologie wird durch solch unnötige Umbenennungen zunehmend konfuser, sodass sich schlussendlich keiner mehr auskennt.

Wenn es um die schulmäßige Verbreitung von Inhalten geht, so sollten diese auch dem aktuellen Stand entsprechen und nicht gutgläubige Leser in die Irre führen und zu Kraftwerfern machen. Es ist niemandem gedient, wenn der Leser sich dadurch beim Werfen schwerer tut als notwendig. Eine eigene Meinung zum Thema zu haben ist schön und gut, doch in manchen Fällen sollte es auch dabei bleiben.
 

Günter Feuerstein

 

 

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