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Döbel auf Sicht

Döbelfischen auf Sicht

Chubby, die Superfliege

Das Frühlingserwachen ist in den Talgewässern des Rheintals oberhalb des Bodensees gleichzusetzen mit der Ankunft der Laichzüge diverser Fischarten. Von Nase über Barbe, Brachsen bis hin zum Döbel tauchen sie nach und nach in den dafür geeigneten Zubringern des Bodensees auf, um ihrem Laichgeschäft nachzugehen.

Jedes Jahr im Frühsommer zieht es mich wie magisch an den Fluss, an dem ich den Grossteil meiner Jugendjahre verbracht hatte, an die Dornbirner Ache. Dieser österreichische Zufluss des Bodensees war seit jeher bekannt für starke Migrationszüge von Nasen und Döbeln, die April/Mai bzw. im Juni dort auftauchten.

Der immer nährstoffärmere Bodensee hat die Schwärme inzwischen jedoch deutlich schrumpfen lassen, doch es zieht sie immer noch die Flüsse hinauf. Besonders zum Döbel habe ich in fliegenfischereilicher Hinsicht ein besonderes Verhältnis. Durch diesen Fisch bin ich nämlich zur Fliegenfischerei gekommen, denn als Jugendlicher war uns damals der Erwerb einer Lizenz in Forellengewässern verwehrt. Die Döbel waren es, die uns die richtige Präsentation unserer Fliegen lehrten und auch zur Verbesserung unsere Bindekünste beitrugen. Sie lieben es im Schatten unter überhängenden Ästen zu stehen und Äste spucken die Fliegen ja leider nicht wieder aus. Diese Fische sind geradezu prädestiniert für die Fliege, und die Steigwilligkeit der kleineren Exemplare bis 30 cm ermöglichte es uns, mit einfachstem, selbst zusammengebasteltem Gerät erfolgreich zu sein und unsere Motivation für das Fliegenfischen durch zahlreiche Fänge am Leben zu erhalten. 

Die Dornbirner Ache
Die Mäander der Dornbirner Ache gehören zu den letzten ihrer Art in den Alpen.

Allesfresser

Schneider blieben wir eigentlich nie. Ich erinnere mich noch ganz genau an meine Lieblingsfliege, eine Black Zulu, die für mich damals die absolute Topfliege für diese Fischart war. Ganz allgemein waren es sämtliche Arten von schwarzen Palmern, die die Döbel damals heiß liebten. Schwarz mussten sie sein, nicht zu groß und nicht zu klein, so um die Hakengröße 12-14 war genau richtig. Mit so einer Fliege fing ich mit 14 Jahren auch meinen bis dato größten Döbel von 67 cm und gut 3,5 kg Gewicht. Als Jugendliche ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, unsere großen Fänge auch stolz zu verspeisen. Als dann beim Öffnen der Mägen schon mal Mäuse und Frösche zum Vorschein kamen, war uns bald klar, dass diese Fische auch wesentlich größere Brocken nicht verschmähen würden. Nie vergessen werde ich auch, wie ein Döbel einen offenbar badenden Spatz im Gartenteich meines Freundes Fritz erbeutete und nach ein paar letzten Flügelschlägen und einigen Runden im Kreis dieser in einem gewaltigen Schwall verschwand und nicht mehr auftauchte. Natürlich waren es diese richtig großen Burschen, hinter denen wir her waren und die wir vorsichtig spähend in den Mäandern im Unterlauf der Dornbirner Ach in kleineren Schwärmen an der Oberfläche ausmachten. 

Diese teils gewaltigen Brocken versuchten wir für unsere Fliegen zu begeistern. Manchmal gelang es uns auch, denn bei einem vorsichtigen Wurf in oder knapp hinter den Schwarm, ohne Geplatsche der Schnur war meist die Gier stärker und so war zumindest mit Glück ein größeres Exemplar zu erbeuten. Dann war aber meist Schluss, denn im Gegensatz zu den einfach zu fangenden kleineren Döbeln, sind die großen Exemplare extrem vorsichtig und schwer zu überlisten. Besonders wenn sie Sicht auf den Angler haben und ihnen etwas nicht ganz geheuer vorkommt, wird die Sache sehr knifflig.

Döbel sind sehr soziale Fische, die sich gegenseitig warnen, wenn Gefahr droht. Wenn so ein Späher den Braten gerochen hat, dann geht erst mal eine Weile lang nichts mehr. Besonders bei sommerlichem, klarem Niedrigwasser halten sich einzelne, nach dem Laichen noch in den Zuflüssen verbliebene große Exemplare, gerne in der Nähe von Artgenossen kleinerer und mittlerer Größe auf. Sie betrachten das Geschehen um die präsentierte Fliege herum erst mal aus der Distanz. Wenn dann die kleineren Fische, die Fliege abwechslungsweise schnell anstupsen, sie dabei versenken und dann aufgrund der Ungenießbarkeit links liegen lassen, so kommt der vorsichtige Kapitale natürlich gar nicht erst in deren Nähe. Diese gierigen und lästigen Vorkoster haben mich früher viele Nerven gekostet. Den Naturköderanglern mit der Brotflocke kamen diese Vortester jedoch gerade recht, denn hatten sie sich an einer für sie zu großen Brotflocke abwechslungsweise zu schaffen gemacht, war sofort der größere Artgenosse da und nahm die Flocke ohne Bedenken. Heute, mehr als dreißig Jahre später und um eine ganze Menge Erfahrung reifer, fische ich im Frühjahr immer noch ab und zu gerne auf die Traumfische meiner Kindheit. 

Der Chubby - die Superfliege

Die Vorkoster, die mir früher Kopfzerbrechen machten, nutze ich heutzutage für mich aus und ich schlage jetzt die großen Döbel mit ihren eigenen Waffen. Es braucht nur ein dafür geeignetes Fliegenmuster, welches die Fische nicht versenken können und das für sie trotzdem lebensecht wirkt. Wohl kein Fliegenmuster eignet sich hierfür besser als ein Käfer. Dies habe ich bei meinen Fliegenfischerfreunden in Lettland gelernt, wo der Döbel bei Fliegenfischern einen sehr hohen Stellenwert genießt. Allerdings fische ich an „meinen“ Gewässern nicht ein herkömmliches Käfermuster, sondern es sollte schon ein bisschen Leben in sich haben, wie mein Chubby. Diese Eigenkreation ist für Döbel unwiderstehlich. Sie imitiert in erster Linie den Junikäfer, kann aber auch als generelles Käfermuster herhalten. Von unten betrachtet, ist mein Käfermuster völlig unscheinbar und das bewegliche CDC sowie die Gummibeine spielen beim Anstupsen der Vortester verführerisch. Zusätzlich glänzt das Pfauengras wie bei einem richtigen Käfer. Die vorsichtige Präsentation kann entfallen, denn Käfer landen ja bekanntlich keineswegs sachte auf dem Wasser. Es ist also durchaus gewollt, den Käfer hart aufzusetzen. Ein eingekürztes Vorfach kann dazu hilfreich sein, sofern das Wasser nicht glasklar ist. 

Entweder verschwindet das Käfermuster nach dem Aufprall sogleich in einem Schwall oder es dauert zumeist nicht lange bis der erste kleine Vorkoster es begutachtet und zupackt. Die extrem gute Schwimmfähigkeit des Käfers bringt es jedoch mit sich, dass er sich nicht so ohne weiteres einsaugen lässt und immer wieder aus den Mäulern der Fische entwischt. Sie werden dadurch immer gieriger, ziehen teilweise von beiden Seiten an den Gummibeinen und versuchen nun gemeinsam, den Käfer unter Wasser zu bekommen. Dabei steigert sich deren Gier ständig und das Geplatsche um den Käfer herum wird immer lauter. Die Farbtupfer auf dem Rückenpanzer sind in dieser Phase sehr hilfreich, denn oft ist es nicht leicht erkennbar, ob der Käfer nur angestupst wurde, oder bereits im Maul verschwunden ist. Nun zeigen plötzlich auch die großen Exemplare Interesse, umkreisen den Käfer in 0,5 – 1 m Abstand gewöhnlich einmal, um ihn dann in einer schnellen Drehung zu verschlingen. Überlistet! Probieren Sie es aus! Döbelfischen mit der Fliege ist eine interessante und wirklich spannende Abwechslung im Frühjahr!

So binden Sie den Chubby

Als Körperunterbau verwende ich einen etwas härteren braunen Schaumstoff, den ich in Käferform zuschneide. Die eine Hälfte wird auf dem Schenkel eingebunden und mit Superkleber zusätzlich fixiert, der restliche Teil ragt nach hinten in Hakenlänge über den Hakenbogen hinaus. Er wird nach Fertigstellung des Körpers über den Körper geklappt. Ein paar Stränge Pfauengras mit einer langen CDC Feder in einer Schlaufe aus Bindefaden verdreht, wird nun um den Schaumstoffunterkörper gewickelt. Dann klappe ich den restlichen Schaumstoff darüber und binde ihn hinter dem Hakenöhr fest. Nun kommen die Beine dran. Dazu verwende ich Rugger Legs. Ich durchstosse dazu den Körper von der Seite an der für die Beine vorgesehenen Stelle mit einer Injektionsnadel. Die Kanüle muss gross genug sein, damit sich mein Gummibeinchen durchschieben lässt. Nun ziehe ich die Nadel heraus und das erste Beinpaar ist gut platziert. Ein Tröpfchen Superkleber neben dem Körper auf das Beinchen aufgebracht und in den Körper gezogen, hält das Ganze bombenfest am richtigen Ort. Die gleiche Prozedur mache ich an zwei weiteren Stellen bis die drei Beinpaare des Käfers angebracht sind. Nun werden die Beine auf die korrekte Länge zurechtgeschnitten. Wer es besonders genau nehmen möchte, kann zuvor durch ein Knötchen in jedem Bein noch ein Gelenk imitieren.  Die Fische interessiert dies gewöhnlich nicht. Zum Schluss kommen noch ein oder zwei Farbtüpfchen mit Neonlack oben auf dem Panzer, die mir später die Sicht auf den Käfer erleichtern sollen. Fertig!

Kulinarisches

Döbel sind nicht nur eine große Herausforderung für den Fliegenfischer, sondern gehören mit zum Besten, was kulinarisch unseren Gewässern zu entlocken ist. Die Spezialisten unter den Fischköchen wissen dies, denn das sehr grätenreiche Fleisch des Döbels ist richtig zubereitet extrem schmackhaft. Die einzige Voraussetzung ist jedoch, dass die Fische aus kühlem Wasser ohne Kieselalgen stammen, denn auch Döbel fressen im Laufe des Sommers Algen von den Steinen, und das Fleisch nimmt dadurch den typisch modrigen Geschmack an. Übrigens lassen sich im Frühjahr gefangene Döbel in Heringsgrösse einfach in einer Kräuteressiglake (10% Salz) und ein paar Zutaten wie Senfkörnern oder Lorbeerblättern einlegen. Nach drei Tagen haben sich die Gräten aufgelöst und ein Gaumenschmaus wartet auf Sie.

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